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Tamara Grünzweil
Barrierefreie PDFs erstellen
Autor: Mag. Sandra Seck

Informationen für alle zugänglich zu machen, ist nicht nur ein Anspruch, sondern gesetzlich verpflichtend. Auch Menschen mit Beeinträchtigungen wollen digitale Medien nutzen, weshalb wir darauf achten, Inhalte verständlich und für alle lesbar zu gestalten. 

Wer den Leitgedanken der Inklusion verwirklichen und eine positive User Experience schaffen möchte, kommt mittelfristig nicht um den Abbau existierender Barrieren seines Contents herum. Nicht nur wegen des voranschreitenden demografische Wandels. Knapp 15 bis 25 Prozent aller Menschen sind von Behinderung oder Einschränkungen, dauerhaft oder zumindest einmal in ihrem Leben, betroffen. Allein Österreich zählt 300.000 blinde oder sehbehinderte Menschen (lt. BSVÖ, Blinden- und Sehbehindertenverband Österreich). Mit einer auditiven, motorischen, sprachlichen oder kognitiven Behinderung wird der Alltag zu einer Herausforderung – und dazu gehört auch die Kommunikation im Web. 

Weil ungenügende Farbkontraste, nur mit einer Maus bedienbare Websites oder fehlende Textalternativen zu einem unüberwindbaren Hindernis werden, setzen wir Websites und Landingpages entsprechend um. Hindernisfreier digitaler Content ist zudem suchmaschinenfreundlich und eine gute SEO Maßnahme: Google belohnt nutzerfreundliche Websites und gibt ihnen ein besseres Ranking. Und durch die verbesserte Usability und Botschaften, die leicht verständlich ankommen, kann man eine höhere Reichweite erzielen. Aber auch barrierefreie PDF-Dateien verlangen Anpassungen wie das Taggen von Bildern oder Grafiken mit Alt-Attributen, damit diese ausgelesen werden können. 

Was sind barrierefreie PDFs?

Gut zugängliche Inhalte definieren sich über die Wahrnehmung, Bedienung, Verständlichkeit und Robustheit, also ihre Kompatibilität für eine Vielzahl von Benutzeragenten. Um den Zugang zu digitalen Inhalten zu vereinfachen, kommen technische Hilfsmittel zum Einsatz. Mit assistiven Technologien wie Vorlesesoftware und Augen- oder Sprachsteuerung können PDFs bei kognitiven Einschränkungen zwar genutzt werden, aber damit diese fehlerfrei funktionieren, müssen die bereitgestellten Medien bestimmten Richtlinien entsprechen und passende Schnittstellen vorsehen. Dazu gibt es technische Standards, die einen Rahmen vorgeben. Sie stellen sicher, dass beispielsweise barrierefreie PDF-Dateien von einem Screenreader vorgelesen werden können oder ausreichend Farbkontraste im Screendesign gegeben sind.

Unsere Checkliste zur Erstellung von barrierefreien PDFs hilft gerade bei neuen Projekten weiter.
Jetzt kostenlos downloaden.

So sieht die Lage juristisch aus

Wie sehen hierzu die rechtlichen Vorgaben aus? Das Web-Zugänglichkeits-Gesetz (WZG) schreibt die barrierefreie Gestaltung von digitalen Informationen des Bundes vor, also öffentlicher Stellen, um alle Menschen am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu lassen. Die Web Content Accessibility Guidelines 2.1. (WCAG 2.1) nennen grundlegende Prinzipien, Richtlinien und Erfolgskriterien und empfehlen Techniken für barrierefreie Webseiten, Nicht-Web-Dokumente und Software. PDF/UA galt lange als weltweiter Standard für PDF-Barrierefreiheit, definiert aber nur die technischen Anforderungen und ist mittlerweile in die WCAG integriert. Er garantiert nicht, dass ein PDF tatsächlich barrierefrei ist, da er sich über das Technische hinaus nicht mit dem Verständnis im Text auseinandersetzt. Die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen ist verfassungsrechtlich garantiert und fordert Barrierefreiheit für alle Dienstleistungen und Informationen, die für die Öffentlichkeit bestimmt sind. 

Design for All

Wenn wir barrierefreie PDF-Dateien erstellen, sind viele Kriterien zu erfüllen. Für alle Herausforderungen lassen sich zwar designtechnische Lösungen finden, aber mitunter kann es zu einem kosten- und zeitaufwändigen Unterfangen ausufern. Hier spielt hinein, wie die Informationen verarbeitet sind. Sind sie für jeden verständlich und nachvollziehbar strukturiert oder müssen bestimmte Dinge gesondert erklärt werden? Auch der Sprachstil ist wichtig und die Erklärung von Fachbegriffen. CD-Farben, Schriften und Satzspiegel sollten gebrauchsfreundlich sein, ebenso wie Bilder, Diagramme oder Tabellen, für die wir Alternativen suchen, um ihre Inhalte zu vermitteln. Grundsätzlich gilt:

"Je einfacher und klarer das Design, desto einfacher die Umsetzung der Barrierefreiheit."

Klingt gut. Bedeutet aber auch, dass sich der Anspruch an das Design verändert und man auf freie kreative Spielräume verzichtet. Die Reduktion auf das Nötigste und die Richtlinien beschränken einen kreativen Entwurfs- und Entwicklungsprozess und erfordern ein Umdenken. Der komplett andere Zugang drosselt so manche kreative spontane Ideen oder optische Aufwertung.  

Erforderliche Anpassungen

Wie kann man mit Typografie, Bild und Text barrierefrei in PDFs kommunizieren, um die Lesbarkeit für Menschen mit Einschränkungen zu verbessern? Aus Adobe InDesign heraus können wir PDFs effizient auf spezielle Lese- und Verständnisbedürfnisse anpassen. Dabei gibt es einiges zu beachten, von der technischen Strukturierung von Texten über die Verständlichkeit bis hin zur Typographie. Unsere Grafikdesignerin Chris erklärt, worauf es dabei ankommt: „Ein genauer, strukturierter Aufbau ist schon im Vorfeld sehr wichtig, damit er sauber umgesetzt werden kann. Alles muss mit korrekten Tags versehen werden, um die Inhalte für technische Hilfsmittel lesbar zu machen: Absatzformate, aber auch Bilder und fremdsprachige Passagen sowie Artefakte, die ignoriert werden können. Wir brauchen eine absteigende Headline-Hierarchie und Alternativtexte für alle inhaltlich relevanten Bilder. Insgesamt müssen wir bei jedem einzelnen Element prüfen, ob die Informationen erfasst werden können. Nach der Optimierung geht es in die Prüfung, z.B. ob alle Tabellen richtig angelegt und rein gestalterische Elemente als außertextliches Element gekennzeichnet sind.“

Bei der Erstellung von barierefreien PDFs sollte an die drei As gedacht werden: Absatzformate, Alternativtexte und Alles Taggen

Neudefinition von Designgrenzen

Informationen, die nicht wahrgenommen oder verstanden werden, sind keine Informationen, sondern verschenkte Möglichkeiten. Frei zugängliche Inhalte sind zwar derzeit nur für eine kleine Bevölkerungsgruppe essentiell, aber schon für beinahe die Hälfte notwendig und für alle komfortabel. Auf dem Weg zu einer inklusiven Gesellschaft bringt hindernisfreier Content allen Kunden die gleiche Wertschätzung entgegen – und erreicht damit mehr Menschen. Es muss aber klar sein, dass dieser Weg klare Einschränkungen für das Design bedeutet und weniger innovative Optiken, grafische Lösungen und optische Aufwertungen zulässt. 

Praktische Umsetzungstipps für Grafiker

Wer sich unnötige Arbeit ersparen möchte, sollte bei neuen Projekten gleich von Beginn an strategisch vorarbeiten – und kann verschiedene Schritte setzen, die den Workflow für Grafiker erleichtern. Als allererstes ist der Fließtext als Absatzformat klar zu definieren und anzulegen. Seitenzahlen oder fixe Elemente, die auf jeder Seite aufscheinen, und alles, was sich auf jeder Seite wiederholt, gibt man am besten auf die Musterseite, weil sie dort von Screenreadern ignoriert werden. Und noch ein wichtiger Tipp: Alle Vektordateien aus Illustrator sollten nicht platziert, sondern verknüpft werden. Sind die Inhalte nämlich als eine Grafik erkannt, muss dazu nur ein einziger Alternativtext erstellt werden. Ansonsten würde jeder Pfad als eigenes Objekt gesehen, was zu einem erheblichen Mehraufwand führt.


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